Hallo Sitzsack – ein Artikel über einen Einrichtungsgegenstand. Wer hätte, sich das Gedacht, dass ein simpler Sack gefüllt mit irgendwelchen Styroporperlen oder sonstigem, eines Tages in Haushalten rund um die Welt zu finden ist.
In der Not erfinderisch
Dabei sind Sitzsäcke nichts Besonderes. Wurden doch vor hunderten wenn nicht sogar vor tausenden von Jahren schon Sitzsäcke verwendet. Während die Etablierten ihr Haupt auf Liegekissen und Sitzkissen aus edlen Stoffen, gefüllt mit den Federn von Gänsen oder edlem Rosshaar betten konnten, blieb dem Pöbel nichts anderes übrig als auf dem nackten, kalten, verstaubten und dreckigen Boden zu schlafen. Auch hier machte die Not den Menschen erfinderisch. In grobe Leinensäcke oder Jutesäcke wurde Heu oder Stroh gefüllt. So konnte zumindest der müde, abgenützte Körper eines in der Gesellschaft der Zeit gefangenen Arbeiters dem Alltag entfliehen, obgleich die gebrochene Seele dazu nicht imstande war.
Wider das Establishment
Es ist also nicht verwunderlich, wenn der weltweite Siegeszug der modernen Sitzsäcke seine Reinkarnation in der aufkommenden Hippie Bewegung wider das Establishment der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte. Das Aufgebehren gegen eine sterile und biedere Oberschicht mit Designermöbeln aus edlen Hölzern und Bezügen. Abgehoben vom öden Leben der aufstrebenden Arbeiterschaft. Soeben erst gereinigt und gepudert soll man sich nahe dem Fußboden, auf dem Menschen und Tiere gleichsam ihre Haare hinterlassen, auf einen Sitzsack niederlassen, der Gefahr ausgesetzt von Flöhen und sonstigen Parasiten heimgesucht zu werden.
Aufstieg und Fall
Es dauerte einige Jahrzehnte, seit dem, in der Marketingsprache gerne verwendeten Begriff, Relaunch. Die Arbeiter, welche aus Not auf Säcken schliefen, würden es wahrscheinlich kaum glauben, dass Sitzsäcke einen weltweiten Wirtschaftsfaktor einnehmen. Ein paar Adaptionen später stehen wir vor der Qual der Wahl welcher Sitzsack nun in die eignen vier Wände passt. Nahezu unzählbare Angebote in diversen Onlineshops, Einrichtungshäuser und Händlern überfordern so manchen Konsumenten. Ob nun der Designer Sitzsack oder jener vom Discounter platziert in gehypten Lounges, mit cooler Musik und noch cooleren, fast schon zu Eis erstarrten Menschen, haftet am Sitzsack immer noch ein wenig das e Aufbegehren der 60er Jahre. Vor allem in Studentenbuden und -WGs sind die bequemen und zum Teil auch günstigen Sitzsäcke ein beliebtes Möbelstück auf dem es sich traumhaft abhängen und chillen lässt. Auf den einfach anmutenden Liegekissen und Sitzkissen unter Bohemiens über die Verbesserungsmöglichkeiten unserer Gesellschaft zu sinnieren und philosophieren, die Etablierten wachzurütteln und von den hohen Hockern zu stoßen, dazu ist dieser einfache Sack mit irgendeiner Füllung in der Lage. Es hat schon funktioniert, warum soll es auch nicht erneut so sein. Wider das Establishment und auf eine bessere Zukunft für alle Menschen, dem Sitzsack sei Dank!
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